Freitag, 29. Oktober 2010

The Nose - Ready to go

Die „Nose“ ist gemäss Kletterführer die bekannteste Route der Welt. Wie dem auch sei, sie stellt für den Freikletterer eine gewaltige Herausforderung dar. Im unteren Teil plattige und technisch anspruchsvolle Traversen und sehr runde Risse. Im Mittelteil anhaltende steile Risskletterei und zum Schluss luftige Dachkletterei. Unser Ziel ist es, möglichst viele Seillängen „frei“ zu klettern, dh. nur die vorhandenen, natürlichen Felsstrukturen zur Fortbewegung zu brauchen.
Um die Nose zu klettern, sind wir nicht mehr die altbewährte zweier Seilschaft Biere/Mürner, sondern neu eine dreier Seilschaft. Der neue Mann ist der „Haulbag“. Er ist schwer, sperrig und faul. Er muss die ganze Strecke nach oben nachgezogen werden und tut alles, um sich in Spalten und Kanten zu verklemmen und ein zügiges Vorwärtskommen zu verhindern. Die vergangenen zwei Tage nutzen wir, um den mit Wasser, Essen und Schlafsäcken gefüllten Haulbag auf den Dolt – Tower zu verfrachten. Das ist harte Arbeit. Nebenbei checkten wir noch die unteren Seillängen aus, um diese dann frei zu begehen.

El Capitan mit eingezeichnetem Verlauf der Route „Nose“. Das Kreuz markiert den Dolt – Tower.

Anhaltende Risskletterei im „Stoveleg – Crack“ unter dem Dolt – Tower. Der Haulbag geniesst währenddessen die Aussicht.

Der „Stoveleg Crack“ erstreckt sich über vier Seillängen.
Anfänglich ein guter Fingerriss, wird der „Stoveleg Crack“ weiter oben zum Hand- und Faustriss…

..um dann zum Schluss zu einem Offwidth zu mutieren.

Geschafft. Glücklich und vereint auf dem Dolt - Tower, Andi, Haulbag und Lukas.
Die nächsten 2-3 Tage herrscht im Valley regnerisches und kaltes Wetter. Nächste Woche verspricht jedoch Sonnenschein und somit ideale Voraussetzungen für einige Tage in der Wand. Bis bald, Andi

Montag, 25. Oktober 2010

Boulder- Ausflug nach Bishop

Der Wettergott im Yosemite ist wahrscheinlich kein Kletterer. Obwohl wir wirklich immer unsere Teller sauber aufessen ist die Prognose seit geraumer Zeit relativ ernüchternd für unsere weiteren Bigwall- Vorhaben. Zwar gibt es immer mal wieder einen Tag ohne Niederschlag an dem wir Tagesziele angehen können, aber das gewünschte 3 Tages- Schönwetterfenster für längere Projekte ist nicht in Sicht. Die Prognose „40% chance of rain“ ist uns für lange Touren einfach zu unsicher (siehe „Freestone- Erfahrung“ unten).

Als mal wieder ein Pazifiktief die kalifornische Küste trifft (Schnee im Valley) entschliessen wir uns zum Verreisen und packen das Hab und Gut in unseren Van: „Next Exit Bishop“.

Durch die fantastische Hochebene der Tuolumne- Meadows geht es  über den Tioga Pass (diesmal schaffen wir es tatsächlich…) hinunter in das beschauliche Sierra Nevada- Städtchen Bishop.

Die Bouldergebiete in der Umgebung von Bishop (Hauptsektoren = „Happies & Buttermilks“) sind landschaftlich und klettertechnisch gesehen sicher etwas vom Besten was uns bisher unter die Augen und Kletterfinger gekommen ist. Die Boulder sind sehr abwechslungsreich, man findet vom „Sloper- Reibungsproblem“ bis zum „athletischen Überhang“ so ziemlich alles was das Kletterherz begehrt. Die Landschaft mit karger Wüste (unten) und verschneiter Sierra Nevada (oben) bietet dazu ein einzigartiges Ambiente.



An einem herrlich einsamen Platz in den Buttermilks beziehen wir unser Basecamp (bitte später vergleichen mit Bild unten…)


Bouldermatten statt Seile, Klettergurt und Friends beim Zustieg


Andi zieht „Disco Diva“ (Happies / V8)


Lukas zieht „Acid Wash“ (Happies / V10)



Andi crankt „Acid Wash Right“ (Happies /  V9)


 „Ja simmer denn hia in Frankn“? Lochstrukturen wie im Frankenjura


Lukas landet den Dyno von „Toxic Avenger“ (Happies / V9)


Jedi- Master Andi (vorne) beobachtet das abendliche Boulder- Geschehen in den „Happies“


Den „Morning Dove Boulder“ (Happies / V7) gibt’s für Andi zum Abendessen


Drei Tage in Folge klettern wir viele fantastische Boulder bis die Finger durch sind, trinken gemütlich Cafe und geniessen die entspannte Atmosphäre des „Klettern in Absprunghöhe“ als willkommene Abwechslung zum „Full Gear Klettern“ im Yosemite.

Am letzten Bouldertag treten wir beim Rückweg aus dem windabgeschatteten Tal der „Happies“ auf den Parkplatz und staunen über den starken Fallwind, der uns aus der Sierra Nevada entgegenfegt. Nach einem Abendessen in Bishop wo die Böen und der Regen noch stärker werden schwant uns nichts Gutes für unser Zelt in den hochgelegenen „Buttermilks“. Angekommen am Zelt finden wir ein desolates Bild vor:


Die Mürner / Biere Seilschaft funktioniert natürlich auch in „Extremsituationen“, unsere erste Handlung ist „sitzen bleiben, Kopf schütteln und froh sein, dass wenigstens das Budweiser stehen geblieben ist“. Die zweite Handlung ist Fotos von dem Chaos zu machen bevor wir das nasse Hab und Gut bei Windspitzen über 100 km/h (kein Witz, wir sind fast weggeflogen) ins Auto schaffen. Wir pennen im Motel und trocknen am nächsten Tag unsere Klamotten im Waschsalon.


Am nächsten Morgen: Beim Zelt ist nichts mehr zu holen, K-Mart verkauft uns aber einen neuen Mountain Dome…

So – und jetzt geht’s definitiv wieder zurück ins Valley. Wir haben noch viel vor, also drückt uns die Daumen, dass der Wettergott auf unsere Seite rutscht.

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Astroman – Risse wie von einem anderen Planeten…

Den Routennamen „Astroman“ hört man  immer wieder in Kletterer- Munde im Camp 4. Der Name bezeichnet eine der spektakulärsten Mehrseillängenrouten im Yosemite Valley.  Prominent ziehen 12 lange Seillängen über den Ostpfeiler des „Washington Column“ welcher sich direkt gegenüber des Half Dome befindet.  Wieder einmal waren es Ron Kauk und John Bachar, denen in den 80er Jahren die erste freie Begehung gelang, und noch immer steht Astroman auf der Wunschliste vieler ambitionierter Kletterer ganz oben. Der Kletterführer schreibt „today Astroman is still considered a valley test piece“.
Der 400 Meter hohe Pfeiler des „Washington Column“ – schön und friedlich aus dem Tal

Viele Seilschaften reden davon Astroman zu probieren,  deutlich weniger Seilschaften steigen tatsächlich ein, und noch weniger Teams gelingt eine freie Begehung. Wir verfahren nach dem altbewährten Motto „das wird schon klappen“ und so passiert es mal wieder, dass wir im Morgengrauen unter der überhängenden Ostwand stehen und uns beim Anblick der steilen Linie den Schlaf aus den Augen reiben.
Durch die schattige, überhängende Ostwand (rechts der Kante) zieht die wilde Route „Astroman“
Los geht’s mit zwei leichteren Seillängen bevor die „Enduro Corner“ (Ausdauer- Ecke) auf uns wartet. Der Name der Seillänge ist Programm und so kommt es, dass wir um die Uhrzeit wo wir normalerweise im Camp 4 den ersten Café aufsetzten, bereits einen Schwall Laktat in den Unterarmen vom 30 Meter Risspumpen haben.
 
Die lange Enduro Corner am frühen Morgen – Laktat zum Frühstück…


Na ja - jetzt sind wir wenigstens wach und klettern mit der ersten Morgensonne die nächsten zwei Seillängen unter den gefürchteten „Harding Slot“.
Sonnig, gelber Granit – markante Verschneidungen im unteren Teil
Andi als „Offwidth Master“ übernimmt glücklicherweise die Führung dieser berüchtigten Seillänge:
Andi spreizt am Beginn des Harding Slots. Oben naht das Unheil, der Riss verengt sich zum körpergrossen Spalt

Innerhalb der nächsten Kletterminuten erweitern wir (Andi im Vorstieg und ich im Nachstieg) unseren Kletterhorizont um ein Erlebnis, das in etwa dem Kampf im Geburtskanal gleich kommen könnte. Den Harding Slot kann man nicht „klettern“, das Motto lautet „Helm ab (da dieser im Spalt verkeilt), Kopf hoch und Blick Richtung Tal“. Beim Einatmen klemmt der Oberkörper oben im Spalt und man strampelt mit den Füssen um ein paar Zentimeter hoch zu schinden. Beim Ausatmen  klemmen die Beine irgendwo weiter unten und man versucht den Oberkörper weiter nach oben zu pressen. Das klingt ja alles einfach, aber „das Ding ist ein glatter Horror“…

Am Anfang des Slots – noch halbwegs guter Dinge…

Mitten im Spalt – es gibt kein Entrinnen, die Lage ist ernst…

Nur noch raus hier…

Die Wiedergeburt ans Licht:  Am Ende des Slots und der Kräfte…
Panik kommt auf als ich realisiere, dass der Spalt auch nach aussen „dicht macht“ und es wirklich nur das Pressen nach oben als Ausweg gibt. Dank Andis Vorstiegs- Erfahrung gelingt aber auch diese Uebung und der Weg nach oben zu den nächsten sechs Seillängen steht uns offen. Hier ist auch der „point of no return“ erreicht, nach dem ein Rückzug mühsam wird und die Flucht nach Vorne die beste Alternative darstellt.

Die obere Wandhälfte mit der Schlüssellänge „Changing Corners“ : Andi beim erfolgreichen Wechsel

Astroman der 2. Teil – anhaltend steile Risse saugen langsam an der Kraft


Nach insgesamt 8.5 Stunden anstrengender Risskletterei stehen wir oben auf dem Gipfel des Washington Column und geniessen den fantastischen Ausblick auf den Half Dome und das hintere Yosemite Valley.
Die Aussicht entschädigt für die Mühen – the valley at it`s best

Astroman hat sicher unseren Körper und Geist gefordert, aber definitiv auch unseren Kletterhorizont um ein interessantes Kapitel erweitert.
Mal wieder ein Gipfelbild  - diesmal vom Washington Column.

Viele Grüsse und bis bald...

Dienstag, 19. Oktober 2010

Nabisco - Wall

Zwei Dinge beschäftigen uns im Moment: die Ferse von Luk und das Wetter. Die Ferse wird zum Glück immer besser. Das Wetter hingegen immer schlechter. Längere Schönwetterperioden sind im Moment nicht auszumachen, immer wieder treiben vom Pazifik her Regenzellen ins Valley, kein Dauerregen immerhin, aber ab und zu unangenehme Duschen. So halten wir uns an Eintages – Projekte.
Am Cookie-Cliff und seiner näheren Umgebung gibt es einige geschichtsträchtige Bilderbuchrisse wie zum Beispiel die Nabisco-Wall, die in der dritten Seillänge einen ca. 20 Meter langen Fingerriss aufweist. John Bachar schockte in den 1980er Jahren die Kletterszene mit einer Free-Solo Begehung dieser technisch heiklen Tour mit der Bewertung 5.11c (7a).  Hier einige Bilder von unserer Begehung mit Seil und Friends.

In der ersten Seillänge dominieren Rampen- und Kaminkletterei.
Lukas an Ende der Fingerriss-Seillänge, wo der Riss sich V-förmig öffnet und schwierig zu klemmen ist.
Eine andere Linie die sich am Cookie-Cliff befindet, ist „Outer Limits“, ein „Must-do“ für jeden Valley-besucher. Nach einer langen ersten Seillänge mit Hand und Faustklemmern folgt eine weitere Seillänge mit einem heiklen Boulder-Quergang. So sieht das aus:
Die erste Seillänge mit 35 Metern verlangt u.a. ein gutes Absicherungs-Management. Die gleich bleibende Rissgrösse verlangt immer die gleiche Grösse Friends, von der man jedoch nur beschränke Anzahl zu Verfügung hat.
Lukas am Ende der ersten Seillänge.
Kurz vor der Schlüsselstelle in der zweiten Seillänge.
Makelloser Granit in perfekter Umgebung. Markenzeichen des Yosemite – Valleys.
Gipfelbild.
Etwas westlich des Cookie-Cliffs gibt es die bereits in einem älteren Blogbeitrag erwähnte Tour „Crimson Cringe“ 5.12a (7a+). Endlose 50 Meter lang zieht die Route mit einem Riss nach links weg. Der Riss entwickelt sich im obersten Teil zu einer Untergriffschuppe. Zum Schluss ein Bild, das einiges übers Rissklettern erzählt (Vgl. letzter Blogbeitrag). Bis bald, Andi.


Sonntag, 17. Oktober 2010

Rissklettern ist anders

Mit roher Fingerkraft kommt man nicht weit. Rissklettern ist die anstrengende Suche nach Möglichkeiten, den Arm, die Hand oder sonst ein Körperteil in einem Engpass zu verklemmen. Begriffe wie Wrestling (ein Kampf) oder Maulwurftechnik (in den Riss graben) kommen der Sache schon recht nahe. Verklemmen tönt schmerzhaft und das ist es auch. Die Haut wird arg strapaziert. Eine recht hilfreiche Sache ist da der Tape-Handschuh, der einem Gipsüberzug für den Handrücken gleicht.
Die Hände von Lukas mit Tape-Handschuh nach einem harten Arbeitstag.
Tape-Handschuhe werden immer wieder verwendet und repariert.
Die Ferse von Lukas wird langsam besser. Am besten geht’s, wenn er den Tag im Klettergurt verbringt und die Ferse so unbelastet bleibt. Das ist mir recht. Wir klettern die klassischen Risslinien des Valleys, die gut erreichbar sind und die wir in der einschlägigen Kletterliteratur schon so oft gesehen haben. So zum Beispiel Hangdog-Flyer. Mit der Bewertung von 5.12c (7b+) ein recht ansprechender Riss. Und so sieht er aus:
Hangdog-Flyer: Überhängende Verschneidung mit Zapfen.
Mitten in der Crux
Hat man den Griff in der Hand, ist es gelaufen.
Nun stehen leider 2 Tage Regenwetter an. Eine Zeit für Regeneration und Hausarbeiten. Bis bald, Andi.

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Ausflug an die Extremklassiker

Was wäre das Yosemite Valley ohne die Meilensteine des Sportkletterns „Midnight Lightning“ und „Seperate Reality“.  Ersteres ist ein Kletterproblem in Absprunghöhe am Columbia Boulderblock, mitten im Herzen des Camp 4. Erstbegangen von Kletterlegende  Ron Kauk in den 80er Jahren galt es lang als das Testpiece für ambitionierte Kletterer.  Gestern starteten wir eine morgendliche Bouldersession und schnell hatten wir die Bewegungen  bis zur Blockkante im Griff. Hier wartet dann noch ein heikler „Ausstiegsmantle“ der viel Bewegungsgefühl und Coolness verlangt.  Hier eine Bildserie von Andi bis zum Mantle:
Der Start vom Boden...

Zug an eine Seitgriffleiste mit rechts...

Körper stabilsieren und mit links hoch auf eine Presserleiste...

Füsse in Position bringen für den Zug auf den "Z- Griff"...

Links locken uuuund...

mit der rechten Hand auf den markanten "Z-Griff" greifen...

Andere Hand zum "Z" dazu...

Zug mit rechts an die Blockkante...

Füsse umschwingen...

Am Ende des Fingerkraftaktes - ab hier geht der Mantle auf den Block los...

Andi zog mit einer effizienten Variante schnell den Ausstiegsmantle und kletterte erflogreich auf den Block, good job... Ich kletterte 8 Mal bis an die Blockkante, konnte jedoch meine Haxen und A… nie darüber wuchten. Beim letzten Versuch fand ich eine bessere Lösung mit einer Schulterleiste, rutschtes jedoch ab und krachte mit viel unkotrolliertem Schwung neben die ausgelegten Matten. Die Ferse vom linken Fuss ist nun so stark geprellt, dass ich kaum auftreten kann und humpelnd durchs Camp strauchel. Unsere Bigwall- Ambitionen werden nun wohl leider warten müssen, bis ich die Zustiege wieder einigermassen absolvieren kann, vorerst ist Ibuprofen noch mein bester Freund. Zum Glück brauch man beim Klettern die Ferse nur wenig. So konnte ich nach meinem Unfall noch den Rissklassiker „Seperate Reality“ bezwingen. Hierzu mehr im nächsen Blog…

Der Blitzt am Einstieg von Midnight Lightning erneuert sich auf magische Weise wie von selber und markiert den „Z-Griff“  den es im Boulder zu halten gilt.